NEW COMPANY IM AUSLAND

17.11.2004 – 20:28 Uhr
von Rechtsanwalt Heinrich Jüstel

Wanderarbeiter kommen grundsätzlich aus dem Ausland nach Deutschland? Irrtum! Zunehmend machen sich Deutsche fort, um dort ihr Auskommen zu suchen. Dabei tritt ein Phänomen immer öfter auf, nämlich die Gründung einer Auslandsfirma durch den Arbeitgeber.

Wie es sich mit den Folgen für die Arbeitnehmer verhält und was rechtlich zu tun ist, erklärt dieser Aufsatz unseres Kooperationes-Anwalts Heinrich Jüstel. Eine in Deutschland ansässige Firma, die dem allgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe unterliegt, entsendet Arbeitnehmer für längere Zeit zur Montage auf eine Baustelle ins Ausland. Für eine solche Auslandstätigkeit ist im BRTV alles geregelt, z. B. Reisekostenerstattung, Auslöse, Lohn der Baustelle bzw. die Gültigkeit des deutschen Lohnes, falls der ausländische Lohn am Arbeitsort niedriger wäre. Nun will die Firma billiger werden („Arbeitskostenreduzierung“) und gründet deswegen im Ausland eine Company. Ihren überraschten Arbeitnehmern erklärt sie, sie wären jetzt nicht mehr Arbeitnehmer der deutschen Firma, sondern der ausländischen Company. Es gelte nunmehr auch nicht mehr deutsches Tarifrecht, sondern das ausländische Recht. Dagegen wehren sich immer mehr Arbeitnehmer zurecht. Grundsätzlich ist der Arbeitsvertrag eine höchstpersönliche Angelegenheit. Ein Arbeitnehmer muss selbst die Arbeitsleistung erbringen und kann nicht etwa seinen Bruder oder seinen Schwager stattdessen zur Arbeit schicken. Dagegen könnte sich der Arbeitgeber zurecht verwahren, da der Arbeitsvertrag nicht mit dem Bruder oder dem Schwager geschlossen wurde. Umgekehrt hat aber der Arbeitnehmer einen gültigen Arbeitsvertrag mit dem deutschen Betrieb und keinem anderen. Wenn dieser deutsche Betrieb oder seine Inhaber bzw. Gesellschafter dann im Ausland eine ausländische Company nach dortigem Recht gründen, steht ihnen das selbstverständlich frei. Das ändert aber nichts daran, dass der deutsche Arbeitnehmer weiterhin bei der deut-schen Firma beschäftigt ist, mit der er den Arbeitsvertrag geschlossen hat. Gegen seinen Willen kann der Arbeitnehmer nicht in die ausländische Firma „überführt“ werden. Vielmehr müsste der deutsche Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigen und die aus-ländische Company müsste dem Arbeitnehmer einen neuen Arbeitsvertrag anbieten. Gegen die Kündigung kann sich der Arbeitnehmer durch eine Kündigungsschutzklage (Klagefrist von drei Wochen beachten!) wehren. Der Kooperationsanwalt des Europäischen Verbandes der Wanderarbeiter Heinrich Jüstel weist darauf hin, dass es sich bei einer solchen Kündigung nicht um eine Änderungskündigung handelt, da eine Änderungskündigung im Sinne des § 2 KSchG voraussetzt, dass der selbe Arbeitgeber dem Arbeitnehmer neue Arbeitsbedingungen unterbreitet. Hier handelt es sich aber um einen neuen (ausländischen) Arbeitgeber. Wird dem Arbeitnehmer trotzdem bedeutet, dass er ab sofort für eine ausländische Company tätig sei, dann kann er mangels einer Kündigung von dem bisherigen deutschen Arbeitgeber weiterhin den deutschen Lohn und die deutschen Lohnnebenleistungen nach dem BRTV fordern, da das Arbeitsverhältnis zu dem deutschen Arbeitgeber nur durch eine schriftliche Kündigung beendet werden kann.
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