17.4.2006 – 12:00 Uhr
von Matthias Kirchner
Es war eine glückliche Fügung, die einen jungen Ungarn zum Europäischen Verband der Wanderarbeiter (EVW) führte: bei seiner Arbeitssuche war er bei einem ambulanten Pflegedienst in Frankfurt am Main gelandet, bei dem er für verhältnismäßig viele Arbeitsstunden als Krankenpfleger verhältnismäßig wenig Geld verdiente. Er bekam zwar den vereinbarten Stundenlohn, aber viele, viele Überstunden wurden ihm nicht bezahlt. Die machte der EVW für ihn schriftlich geltend und – oh Wunder! –telefonisch wurde von dem Pflegedienst versichert, die Überstunden würden prompt ausbezahlt. Als die Zahlung aber ausblieb und der EVW nachhakte, kam die Erwiderung, die Zahlung sei längst erfolgt. Der Bitte, die Zahlung nachzuweisen, kam der Pflegedienst allerdings nicht nach, so dass die Sache beim Frankfurter Arbeitsgericht landete. Zur Güteverhandlung erschien dann von der beklagten Firma niemand, so dass das Arbeitsgericht dem jungen Ungarn in einem Versäumnisurteil fast 5.000 Euro zusprach. Es lässt sich fast erahnen, wie es weiter ging: unser Ungar, der längst in Österreich arbeitete, hatte nun zwar ein Urteil, aber von dem Pflegedienst kam das Geld trotzdem nicht. Also schickte der EVW den Gerichtsvollzieher auf den Weg, der aber unverrichteter Dinge zurückkam. Die Pflegefirma hatte nämlich zwischenzeitlich Insolvenz angemeldet. Nun sollte man meinen, der Ungar habe leider Pech gehabt und ein Urteil, das er nun 30 Jahre lang versuchen könne, zu vollstrecken. Der EVW war ihm aber eine zuverlässige Hilfe und stellte Antrag auf Insolvenzgeld bei der Bundesagentur für Arbeit. Die entsprach dem Antrag in voller Höhe, so dass sich das ungarische EVW-Mitglied schlussendlich über fast 5.000 Euro freuen konnte. Ohne den Wanderarbeiterverband wäre ihm nur eines geblieben: mit dem Ofenrohr ins österreichische Gebirge zu schauen!